Hochwasserschutz an der unteren Glenne? Seit 28 Jahren keine Deichunterhaltung!

Seit Jahren ist die Deichunterhaltung an der Glenne sträflich vernachlässigt worden. Verwaltung und Politik haben nun die Landwirte als neue „Sündenböcke“ auserkoren. Grund für uns einen Leserbrief zu schreiben. Schuldig sind nicht die Bauern, sondern die Vertreter der Behörden und Verwaltungen!

Bereits im Jahr 2019 haben wir den Gemeinderat der Gemeinde Wadersloh, z. Hd. Herrn Bürgermeister Thegelkamp angeschrieben, mit der Bitte, unsere Fragen zu beantworten. Wir haben auf die Risiken aufmerksam gemacht.

Diesen offenen Brief wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten.


Sorgen und Ängste der Bürger an der unteren Glenne

Wieder einmal waren die Bürgermeister von Lippstadt und Wadersloh anlässlich des letzten Hochwassers der Glenne um die Jahreswende mit sorgenvollen Mienen in verschiedenen Presseberichten abgebildet. Die beiden Kommunalpolitiker teilten die Sorgen und Ängste ihrer Bürger vor den stetig steigenden Pegelständen an der Glenne bei Cappel. Wer die vor ca. 28 Jahren gestarteten Planungen zum Hochwasserschutz hier aufmerksam verfolgt hat, erlebte ein Dèjàvu. Über die Jahre hinweg immer wieder das gleiche Bild. Angst und Sorge vor nicht zu beherrschenden Wassermassen! Feuerwehr und viele andere ehrenamtliche und freiwillige Helfer stehen parat, mobilisieren alle Kräfte. Bewundernswert! Falls die „maroden“ Dämme brechen sollten, ist dann ein hoffentlich wirkungsvoller Schutz entstanden. Das ist großartig. Die dortige Bevölkerung steht wirklich zusammen.

Kern des Problems sind die vor jetzt 28 Jahren von der Bezirksregierung als „marode“ erklärten Glennedeiche, die vormals von holländischen Fachleuten auf der Grundlage damaligen Wissens errichtet wurden und allen Hochwassern seit dieser Zeit trotzen konnten.

Natürlich werden Dämme heute anders gebaut. Neue Erkenntnisse haben auch die Architektur von Dämmen verändert. Trotzdem werden nicht alle Dämme, die in dieser Zeit errichtet wurden, geschliffen oder gänzlich neu errichtet. Im Gegensatz zu den Glennedeichen werden andere Deiche bewirtschaftet. Jeder Damm benötigt Pflege. Die Deichhöhe verringert sich bspw. durch Materialverdichtung jährlich um ca. 1 cm. Um den ursprünglich gewünschten Schutz eines Dammes aufrecht zu erhalten, sind von Zeit zu Zeit Aufschüttungen und Verdichtungen unerlässlich. Wäre man den Empfehlungen eines Gutachtens vom 9.7. 1993 gefolgt, würde die Deichkrone der Glennedeiche heute um 20 bis 30 cm höher und die Standfestigkeit besser sein. Das Gutachten spricht von notwendigen, im Abstand von mehreren Jahren durchzuführenden Profilierungsma8nahmen und bezeichnet solches als allgemeine Deichunterhaltung was nach dem Hochwasserschutzgesetz eine Pflichtaufgabe darstellt.

Eine solche Deichunterhaltung hat man seit jetzt 28 Jahren unterlassen bzw. aktiv verhindert! (Das für Deiche unerlässliche Hüten von Schafen wurde behördlicherseits zeitweise unterbunden und wird jetzt immer noch erschwert.) Dadurch verringert sich die Standfestigkeit der Deiche von Jahr zu Jahr. Die Gefahr eines Deichbruchs erhöht sich somit von Hochwasser zu Hochwasser. Die sorgenvollen Mienen der Bürgermeister sind berechtigt, weil mit Starkregenereignissen zukünftig wohl immer häufiger zu rechnen ist und heute niemand weiß, wer im Falle eines Deichbruchs an der unteren Glenne für dadurch entstehende Schäden zu haften hat. Die Kommunen einerseits oder das Land NRW (Regierungsbezirk) andererseits, weil die gesetzlich vorgegebene Deichunterhaltung nicht erfolgte und die Zuständigkeit für die allgemeine Deichunterhaltung hier rechtlich immer noch nicht geklärt wurde.

Schuldig für diesen Zustand sind keineswegs die Bauern, die ihre existenzsichernden Flächen für die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen (Renaturierung) bisher nicht vollumfänglich zur Verfügung stellten -wie das Kommunalpolitiker manchmal in der Presse andeuten. Die Bauern halten sich an die Maßgaben des Vergleichsvertrages vom 9.2.2004. Schuldig sind allenfalls die Vertreter der Behörden, die in den letzten 28 Jahren ihre Augen vor der Langfristigkeit dieser Aufgabe verschlossen, wohl immer noch an eine baldige Umsetzung der geplanten Maßnahmen glauben und zwischenzeitlich noch nicht einmal an einer „provisorischen Deichsicherung“ Gedanken verschwendeten. Zu „provisorischen Deichsicherungen“ sagt einer der führenden NRW-Hochwasserexperten Holger Friedrich: Sand-Kies-Schüttungen aus Lastwagen brächten ein deutliches Plus, zwar nicht in der Höhe, aber bei der Standsicherheit. Das Material für die provisorischen Sicherungen auf der Rückseite der Deiche lasse sich später beim regulären Deichbau verwerten. Die Kosten für solche provisorischen Sicherungen müsse -wie bei regulären Sanierungen- zu 80 Prozent das Land tragen…..

 

Die Sorgen und Ängste der Bürger sollten endlich ernst genommen werden!

Für ZIN19

(Zukunft Initiative Nachhaltigkeit)

Wolfgang Kißler

5. Februar 2024

Sorgen und Ängste der Bürger an der unteren Glenne

1966-11-15 Gerichtsvermerk Flurbereinigung Bescheinig. höchste HochwasserBereits am 1. August 2019 haben wir den Wasser- und Bodenverband der Gemeinde Wadersloh zum Thema „Nichtnutzung des Staurechts“ an der unteren Glenne und zur Situation der Deichpflege angeschrieben.

Hier unser Schreiben:

2019-08-01 Nichtnutzung Staurecht WasserBodenVerband

 

Am 4. November 2019 und am 25. November 2019 haben wir den Bürgermeister der Gemeinde Wadersloh, Herrn Christian Thegelkamp, die Gemeinderatsmitglieder und den Wasser- und Bodenverband der Gemeinde Wadersloh angeschrieben, und den Antrag auf Klärung von Fragestellungen im Zusammenhang mit den Planungen „Hochwasserschutz an der unteren Glenne“ gestellt.

Hier unsere Schreiben:

2019-11-04 Fragenkomplex 1-6 an Rat u. BM

2019-11-25 Fragen an BM Thegelkamp

Wir haben daraufhin am 13. Januar 2020 folgende Antwort erhalten:

2020-01-13 Antwort BM Thegelkamp

Warum passiert ca. 30 Jahre lang nichts?

 

Die Glocke v. 27.12.2023 Starke RegenfälleWa

 

PATRIOT_20231227_12

 

PATRIOT vom 27.01.2024, Seite 9 – A und O ist die Renaturierung

 

BM Thegelkamp mit sorgenvollem Gesichtsausdruck an der Glennebrücke. Quelle: Mein Wadersloh
… und auch der BM der Stadt Lippstadt Arne Moritz schaut nicht glücklich….. Quelle: Mein Wadersloh
Hochwasserstand an der Glenne, Gehöft von Wasser umringt
Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr beim Füllen der Sandsäcke
Quelle: Instagram Selbst das Windrad der Gemeinde stand im Hochwasser und wurde abgeschaltet!
25. Februar 2024

Glenne-Problem komplex

Am 25.2.2024 erscheint folgender Artikel in der Zeitung Lippstadt am Sonntag:

007-2024-02-25 LP am Sonntag Glenne-Problem komplex

 

Zum Bericht des Lippstädter Fachbereichleiters Stadtentwicklung und Bauen in der Zeitung „Lippstadt am Sonntag“ vom 25. Febr. 2024 zum Bericht „Glenne-Problem-komplex“ haben wir unsere Sichtweise auf einige Problemstellungen nochmals dargelegt:

 

Zum Bericht in der Zeitung Lippstadt am Sonntag, vom 25. Febr. 2024

Glenne-Problem komplex“

Dieser Bericht des Fachbereichleiters Stadtentwicklung und Bauen Heinrich Horstmann gibt einiges an Hoffnung, wirft aber auch solche Fragen auf, die längst geklärt sein sollten. Es wird der Hochwasserschutz für den Ortsteil Cappel und den Hofstellen entlang der Glennedeiche angesprochen. Es gibt aber Hofstellen, die nicht direkt an der Glenne und nicht auf Lippstädter Gebiet liegen und ebenfalls vom Hochwasser bedroht werden. Im Bericht werden diese Hofstellen nicht erwähnt! Da, wie im Bericht erwähnt, die geplante Renaturierungsmaßnahme nicht gänzlich kostenlos ist und die Wadersloher Bürgerschaft pro Kopf mit einem circa dreifach höheren Kostenanteil belastet wird wie der Lippstädter Bürger, dürfen die Hofstellen auf der Wadersloher Seite nicht außer Acht gelassen werden.

Weiter stellt Horstmann fest, das die „Verwallungen/Deiche“ entlang der Glenne nicht zum Hochwasserschutz konzipiert seien, sie dienten nur dem „sogenannten“ Kulturstau um die angrenzenden Flächen bewirtschaften zu können. Wenn dem so sein sollte stellt sich die Frage, warum in den zurückliegenden, extrem trockenen Jahren nicht angestaut wurde, aber die angrenzenden Felder trotzdem -wenn auch nicht so effektiv- bewirtschaftet wurden.

Wenn diese Darstellung dazu dienen sollte, von den jahrzehntelangen Versäumnissen bezüglich der „allgemeinen Deichunterhaltung“ abzulenken, ist dies kein guter Versuch, weil schon 1966 in einem Vermerk zu einem Gerichtsverfahren beim OVG im Rahmen der Flurbereinigung der ausführende technische Beamte Anton Hegemann (Amt für Flurbereinigung und Siedlung Soest) von Glenneeindeichungen gegen „höchste Hochwasser HHW“ gesprochen hat. Ob durch die Nichtbewirtschaftung die Deiche/Verallungen mittlerweile nur noch für den „Kulturstau“ geeignet sind, ist fraglich, weil sie in den letzten 30 Jahren allen Hochwassern standhalten konnten.

Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die benötigten Flächen in absehbarer Zeit auf freiwilliger und sozial verträglicher Weise zu bekommen sind und eine Zwangsenteignung vertraglich ausgeschlossen ist, wird man wohl perspektivisch an machbaren Zwischenlösungen zu arbeiten haben.

30 Jahre Unsicherheit bei den Glenneanliegern sind genug!

Für ZIN19

Zukunft Initiative Nachhaltigkeit

Wolfgang Kißler

9. März 2024

Marode Deiche halten

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